Die Rotweinbereitung unterscheidet sich in mehreren wesentlichen Aspekten von der Weißweinherstellung, wobei der wichtigste Unterschied in der Reihenfolge der Arbeitsschritte liegt. Bei der Produktion von Rotwein wird nicht der Traubenmost, sondern die Maische vergoren. Dies geschieht aus dem Grund, dass die Farbstoffe der Trauben, die für die charakteristische rote Farbe verantwortlich sind, überwiegend in den Schalen der Trauben sitzen. Diese Farbstoffe werden während der Gärung aus den Schalen in den entstehenden Alkohol überführt. Erst nach der Gärung wird die Maische gepresst, was zu den spezifischen Charakteristika des Rotweins führt.

1. Maischen: Der Start der Weinbereitung

Nach der Lese und der sorgfältigen Auswahl der Trauben beginnt der Prozess der Rotweinbereitung mit dem Maischen. Beim Maischen werden die Trauben mechanisch aufgebrochen, um die Beerenhäute zu zerreißen und den Saft freizusetzen. Dieser Schritt ist besonders wichtig, da die Schalen die Farbstoffe und Tannine enthalten, die für die Farbe und Struktur des Rotweins verantwortlich sind.

Ein besonders modernes Verfahren in der Rotweinbereitung ist die Kaltmazeration. Bei diesem Prozess wird die Maische vor der Gärung für einige Tage bei niedrigen Temperaturen gelagert. Durch das Kühlen der Maische wird die Gärung verzögert, und es kommt zu einer besseren Extraktion feinerer Fruchtaromen. Dieses Verfahren wird besonders bei der Herstellung von Rotweinen mit einer frischen, fruchtigen Aromatik eingesetzt.

Ein weiteres Verfahren ist die Kohlensäuremaischung, bei der die Trauben unzerdrückt in den Gärbehälter kommen. Die Gärung beginnt dann von selbst, ohne dass die Trauben aufgebrochen werden. Das Ergebnis sind besonders fruchtbetonte, jung trinkbare Rotweine.

2. Gärung: Der Schlüssel zur Farbbildung und Struktur

Nachdem die Maische vorbereitet ist, beginnt die Gärung. Im Gegensatz zur Weißweinproduktion, bei der der Most häufig sofort nach der Traubenpressung vergoren wird, bleibt bei der Rotweinproduktion die Maische während der Gärung zusammen mit den festen Bestandteilen wie Schalen und Kernen in Kontakt. Dieser lange Kontakt ist entscheidend für die Extraktion der Farbstoffe und Tannine.

Die Gärung wird in der Regel durch Hefen in Gang gesetzt. Häufig werden speziell ausgewählte Reinzuchthefen verwendet, um eine kontrollierte und reproduzierbare Gärung zu gewährleisten. Diese Hefen sorgen dafür, dass die Gärung ohne unerwünschte Nebenprodukte verläuft. Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass der Gebrauch von Reinzuchthefen zur Vereinheitlichung und Standardisierung des Weins führen kann, was den Ausdruck der Terroirs und individuellen Eigenschaften der Weine beeinträchtigen könnte.

Die Gärung kann je nach Art des Rotweins unterschiedlich lange dauern. Einfachere Rotweine wie Beaujolais gären nur etwa vier Tage auf der Maische. Anspruchsvollere Weine wie Pinot Noir oder Spätburgunder haben etwa acht Tage Kontakt mit den Schalen. Vollmundigere Weine wie Barolo oder Cabernet Sauvignon bleiben sogar bis zu vier Wochen auf der Maische. Die Dauer der Gärung hat Einfluss auf den Geschmack und die Struktur des Weins: je länger der Kontakt, desto intensiver die Extraktion von Tanninen und Farbstoffen.

Während der Gärung neigen die festen Bestandteile dazu, aufgrund der entstehenden Kohlensäure nach oben zu steigen und einen "Tresterhut" zu bilden. Dieser muss regelmäßig bearbeitet werden, um eine gleichmäßige Extraktion zu gewährleisten. Dafür gibt es verschiedene Methoden, wie das Pigeage (manuelles Unterdrücken des Tresterhuts) oder Remontage (das Umpumpen des jungen Weins über den Tresterhut).

3. Pressen: Trennung von Feststoffen und Flüssigkeit

Nach der Gärung folgt das Pressen der Maische. Dabei wird die Flüssigkeit von den festen Bestandteilen wie den Traubenschalen und Kernen getrennt. Früher wurden dafür Korbpressen verwendet, die mechanisch betrieben wurden. Heute kommen häufig horizontale, pneumatisch betätigte Pressen zum Einsatz, die eine gleichmäßige und schonende Pressung ermöglichen.

Der Wein, der ohne Pressung abfließt, wird als Vorlaufwein bezeichnet und enthält die aromatischeren Bestandteile. Der Presswein, der durch die eigentliche Pressung gewonnen wird, ist tanninhaltiger und etwas robuster. Der Winzer entscheidet im weiteren Verlauf der Produktion, ob er den Presswein wieder mit dem Vorlaufwein vermischt, um den Rotwein in seiner Struktur und Intensität zu beeinflussen.

4. Ausbau: Die Reifung des Weins im Keller

Nach dem Pressen wird der Wein für den Ausbau in Behälter wie Holzfässer, Edelstahltanks oder Betontanks überführt. Besonders hochwertige Rotweine reifen häufig in Barriquefässern aus französischer oder amerikanischer Eiche. Der Ausbau in Holzfässern hat entscheidenden Einfluss auf die Aromatik des Weins. Holz verleiht dem Wein Aromen von Vanille, Gewürzen und Röstaromen und trägt zur Entwicklung von Komplexität und Struktur bei.

Ein wichtiger Aspekt beim Ausbau im Holzfass ist die oxidative und reduktive Wirkung des Holzes. Je nachdem, wie das Fass behandelt wird und wie lange der Wein darin bleibt, wird er unterschiedlichen chemischen Prozessen ausgesetzt, die seine Aromatik beeinflussen. Bei neuen Fässern ist der Einfluss des Holzes stärker, während bei älteren Fässern dieser milder ausfällt. Viele Winzer kombinieren den Ausbau in neuen und gebrauchten Fässern, um eine ausgewogene Aromenentwicklung zu erzielen.

Während des Ausbaus erfolgt auch der regelmäßige Abstich, bei dem der Wein von den Trubstoffen befreit wird, die sich am Boden des Fasses absetzen. In einigen Fällen wird der Wein auch umgepumpt und dabei gefiltert, um die Klarheit und Stabilität zu gewährleisten.

5. Reifung: Die Entwicklung des Weins über die Zeit

Die Reifung ist ein entscheidender Prozess, der die endgültige Qualität des Weins bestimmt. Je nach Weinstil und -qualität kann Rotwein nach der Abfüllung noch mehrere Jahre reifen, bevor er seinen Höhepunkt erreicht. Einige Rotweine, wie Bordeaux oder Barolo, profitieren von einer langen Lagerung und entwickeln über Jahre hinweg zusätzliche Aromen und eine komplexere Struktur. Diese Weine sind in der Lage, 10 bis 20 Jahre oder sogar länger zu reifen und bieten dann ein unverwechselbares Geschmackserlebnis.

Es gibt jedoch auch Rotweine, die schnell konsumiert werden sollten, weil sie nach wenigen Jahren ihre Frische und fruchtigen Aromen verlieren. Junge Weine, die für den schnellen Konsum gedacht sind, werden meist nicht so lange ausgebaut und sind bereits nach wenigen Jahren voll genussreif.

Die Rebsorte, das Terroir und die Entscheidung des Winzers während der gesamten Weinproduktion sind entscheidend für die Lagerfähigkeit und die Qualität des Weins. Ein gut gereifter Rotwein kann seine Aromen über Jahrzehnten entfalten und wird von Weinliebhabern sehr geschätzt.

Fazit

Die Herstellung von Rotwein ist ein komplexer und vielschichtiger Prozess, der von der Auswahl der Trauben über die Maischegärung bis hin zum Ausbau und der Reifung eine Vielzahl von Entscheidungen erfordert. Jeder Schritt hat direkten Einfluss auf die Qualität, den Geschmack und die Struktur des Endprodukts. Besonders die Gärung und der Ausbau in Holzfässern tragen maßgeblich dazu bei, dass Rotweine ihre charakteristische Tiefe, Komplexität und Haltbarkeit entwickeln. Ein gut gemachter Rotwein ist daher das Ergebnis vieler Faktoren, die mit großer Sorgfalt und Erfahrung entschieden werden.