Roséwein ist ein faszinierendes Produkt, das aus Rotweintrauben hergestellt wird, jedoch in vielerlei Hinsicht eher den Weißweinen ähnelt. Der Unterschied zwischen einem Roséwein und einem Rotwein liegt vor allem in der Art und Weise, wie der Wein aus den Trauben gewonnen wird. Bei der Herstellung von Roséwein geht es vor allem darum, die Balance zwischen Farbe, Aromen und Struktur zu finden. Im Folgenden wird der detaillierte Prozess der Roséweinherstellung erläutert.
1. Die Auswahl der Trauben
Roséwein wird ausschließlich aus Rotweintrauben hergestellt. Diese Trauben enthalten die Farbstoffe (Anthocyane), die für die typischen Rot- und Rosatöne im Wein verantwortlich sind. In der Praxis werden jedoch keine besonderen oder anderen Trauben als bei der Rotweinherstellung verwendet. Die Entscheidung über die Traubensorte, die Qualität und den Reifegrad ist jedoch entscheidend, um einen qualitativ hochwertigen Roséwein zu produzieren.
2. Mazeration: Der Kontakt mit den Schalen
Der entscheidende Unterschied zur Weißweinherstellung liegt im ersten Arbeitsschritt: der Mazeration. Bei der Herstellung von Weißwein wird der Most sofort nach der Lese von den Schalen getrennt, um die Farbe und Bitterstoffe zu vermeiden. Bei der Herstellung von Roséwein bleibt der Traubensaft jedoch für eine kurze Zeit mit den Schalen in Kontakt. In dieser Phase werden die Farbstoffe und Aromen aus den Schalen in den Saft überführt. Diese Phase dauert in der Regel zwischen einigen Stunden und maximal einem Tag.
Je länger der Traubensaft mit den Schalen in Kontakt bleibt, desto intensiver wird die Farbe des Weins. Für einen helleren Rosé reicht eine kürzere Mazeration aus, während für tiefere Rosé-Töne eine längere Mazeration notwendig ist. Die Dauer der Mazeration variiert je nach gewünschtem Endprodukt und kann an die klimatischen Bedingungen, die Rebsorte und die Philosophie des Winzers angepasst werden.
3. Das Saignée-Verfahren: Abziehen der Flüssigkeit
Ein alternativer Weg zur Herstellung von Roséwein ist das sogenannte Saignée-Verfahren (französisch für „Blutern“ oder „Abziehen“). Dieses Verfahren wird oft bei der Produktion von Rotwein angewendet, aber auch für Roséwein kann es verwendet werden, um einen intensiveren Rosé zu erzeugen. Im Rahmen des Saignée-Verfahrens wird ein Teil des Mostes nach einigen Stunden bis Tagen der Mazeration von der Rotweinmaische abgezogen. Dieser abgezogene Most stellt den Roséwein dar.
Das Saignée-Verfahren ist besonders bei Winzern beliebt, die gleichzeitig Rotwein und Roséwein produzieren. Der abgezogene Most, der aus dem Rotweinprozess stammt, ist in der Regel intensiver und kräftiger in der Farbe und Struktur, da er von einer bereits fermentierten, stärker konzentrierten Maische stammt. Das Ergebnis ist ein kräftigerer Roséwein, der jedoch weniger fruchtig und weniger aromatisch ist als einer, der direkt durch Mazeration gewonnen wird. Das Saignée-Verfahren führt also zu einem Rosé, der tendenziell mehr Körper und Struktur hat.
4. Das Rotling-Verfahren: Mischen von Weiß- und Rotweintrauben
Ein weiterer Ansatz zur Herstellung von Roséwein ist das sogenannte Rotling-Verfahren. Dabei handelt es sich um eine Technik, bei der Rot- und Weißweintrauben miteinander kombiniert und zusammen eingemaischt werden. Dies unterscheidet sich von den herkömmlichen Methoden der Weinbereitung, bei denen entweder nur Rotweintrauben oder nur Weißweintrauben verarbeitet werden.
Im Rotling-Verfahren werden die Trauben unmittelbar nach der Lese gemeinsam in den Most gepresst. In diesem Fall erfolgt der Kontakt zwischen Schalen und Most direkt und simultan. Das Verfahren führt zu einem Roséwein, der in der Regel eine ausgewogene Kombination aus frischen Fruchtnoten und einer gewissen Struktur aufweist. Das Rotling-Verfahren ist jedoch in vielen Weinbaugebieten nicht weit verbreitet und wird vor allem in bestimmten Regionen in Deutschland und Frankreich angewendet.
5. Fermentation und Gärung
Nach der Mazeration und der Entscheidung, welche Methode verwendet wurde, um den Roséwein zu gewinnen, erfolgt die Gärung des Mostes. Diese Gärung ist der Prozess, bei dem die Zucker im Traubensaft durch Hefen in Alkohol und Kohlendioxid umgewandelt werden. Die Gärung von Roséwein erfolgt in der Regel bei niedrigeren Temperaturen (zwischen 15 und 18 °C), um die frischen, fruchtigen Aromen zu bewahren und eine zu schnelle oder zu starke Fermentation zu vermeiden.
Im Vergleich zu Rotwein erfolgt die Gärung von Roséwein in der Regel ohne den Kontakt mit den Schalen, der nach der Mazeration entfernt wird. Dies bedeutet, dass Roséweine weniger Tannine enthalten, was zu einer leichteren, weniger strukturierten Textur im Wein führt. Es wird darauf geachtet, dass der Roséwein während der Gärung keine zu starke Oxidation erfährt, um die frischen und lebendigen Aromen zu bewahren.
6. Abfüllung und Lagerung
Nach der Fermentation wird der Roséwein in der Regel in Edelstahltanks oder manchmal in Holzfässern gelagert. Das Ziel der Lagerung ist es, den frischen, fruchtigen Charakter des Weins zu bewahren und die Aromen zu stabilisieren. Im Vergleich zu Rotwein, der oft jahrelang reifen kann, wird Roséwein normalerweise viel früher abgefüllt und verkauft. Die Lagerung erfolgt in der Regel nur für wenige Monate bis maximal ein Jahr, da Roséweine vor allem frisch und jung genossen werden sollten, um ihr volles Aroma zu entfalten.
Ein wichtiger Aspekt der Roséweinproduktion ist, dass viele Roséweine nicht für eine lange Lagerung geeignet sind, da sie in der Regel keine hohen Tanninmengen und eine hohe Säurestruktur besitzen. Es gibt jedoch Ausnahmen, vor allem bei hochwertigen Roséweinen aus bestimmten Regionen wie der Provence, die auch eine gewisse Lagerfähigkeit aufweisen können.
Fazit
Die Herstellung von Roséwein ist ein kreativer und nuancierter Prozess, der sich zwischen der Weißwein- und Rotweinproduktion bewegt. Dabei spielen Faktoren wie Mazeration, das Saignée-Verfahren und die Wahl der Trauben eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung von Farbe, Struktur und Aroma des Weins. Roséweine bieten eine große Vielfalt an Geschmacksrichtungen und Texturen, die von leichten, frischen Weinen bis hin zu volleren, kräftigeren Varianten reichen können.